Am 31. August 2024 traten wir mit 32 Chorschwestern und Chorleiter Stefan unseren alljährlichen Tagesausflug an. Ziel war dieses Jahr Thorn in der niederländischen Provinz Limburg.
Thorn, dass sich selbst das weiße Städtchen nennt, verdankt seinen Sehenswert einem Stift für Damen aus dem Hochadel, das vom 13. Jahrhundert bis zu seiner Auflösung Ende des 18. Jahrhunderts die Geschicke der Stadt bestimmte. Das Stadtbild Thorns profitierte immens von den ansässigen adeligen Stiftsdamen, die bei Eintritt in die Gemeinschaft Reichtum, Kontakte, Einfluss und den Wunsch nach komfortablen Behausungen und entsprechenden Annehmlichkeiten mit nach Thorn brachten.
Wie unser höchst kompetenter und sympathischer Gästeführer Herr Kip es zusammenfasste: „Ganz Thorn lebte von dem Stift.“ Dies schlug sich unter anderem im Bau von luxuriösen Stadthäusern für die Stiftsdamen, einer für damalige Zeit außergewöhnlich guten Wasserversorgung und der Gründung einer Mädchenschule nieder. Nach dem Einmarsch französischer Truppen im Jahr 1794 wurde das Stift konfisziert und die Stiftsdamen verließen Thorn in Richtung Essen-Steele in die heutige Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung, die von der derzeitigen Thorner Fürstäbtissin, der Vorsteherin des Stifts, Franziska Christine von Pfalz-Sulzbach einige Jahre zuvor gegründet worden war.
Durch den Umzug der Stiftsdamen nach Steele schließt sich der Kreis, was uns bürgerliche Chordamen nach Thorn geführt hat: der Festsaal der Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung ist seit jeher Proben- und Konzertsaal des Essener Damenchores. Wir waren sozusagen zu Besuch an der Basis.
Für die Stadt Thorn bedeutete die Schließung des Stifts den finanziellen Niedergang.Mit den adeligen Töchtern verließ das Geld die Stadt und das hübsche Thorn verfiel in einen Dornröschen-Schlaf, aus dem es erst in den 1960er-Jahren durch einen findigen Bürgermeister wach geküsst werden sollte. Eingefroren im Zustand und Abglanz der Vergangenheit blieb die historische Bausubstanz nahezu unverändert erhalten, da, um erneut Herrn Kip zu zitieren, die Leute „einfach zu arm waren, um zu renovieren“. Der Bürgermeister erkannte das Potenzial dieses bewohnten Freilichtmuseums, verpasste Thorns Altstadt einen einheitlichen Anstrich und einen schmissigen Namen dazu (ergo das weiße Städtchen) und schaffte es, aus dem von Entbehrungen geplagten Ort einen Tourismusmagneten zu machen und die wirtschaftliche Schieflage der Stadt auszugleichen.
Die kuriosen Wendungen der Geschichte Thorns haben uns den ein oder anderen Schmunzler abgerungen, die malerische Altstadt hat uns mit ihrer Komplettheit beeindruckt und der Besuch der Stiftskirche mit ihrem erhaltenen barocken Interieur stellte einen gelungen Abschluss unseres Rundganges durch Thorn dar. Chorleiter Stefan Glaser wollte es sich nicht nehmen lassen, beide Orgeln der Kirche zu bespielen, wobei wir ihn natürlich gesanglich unterstützt haben.
Überschattet wurde unser Aufenthalt in der Kirche leider durch den Unfall einer Chorschwester, die nach einem unglücklichen Sturz nicht mit uns den Heimweg nach Essen antreten konnte, sondern eine Nacht im Krankenhaus in Roermond verbringen musste. Wir waren alle sehr erschüttert. Das Befinden unserer Mitsängerin war beim abschließenden Kaffeetrinken Hauptsorge und Hauptgesprächsthema. Wir sind froh, dass wir bereits am Folgetag erfahren konnten, dass unser Unglücksrabe zumindest zurück in Essen ist.
Am frühen Abend des 31. August traten nunmehr 31 von 32 Choristinnen und ein Chorleiter den Heimweg an, die Köpfe voll mit Eindrücken eines tollen Tages, der ein besseres Ende hätte finden sollen, die Taschen gefüllt mit dem ein oder anderen Andenken und mit der fehlenden Nummer 32 in unseren Gedanken. Wir wünschen Dir, liebe Bruchpilotin, alles Gute und hoffen, dass Du bald wieder mit uns singst!
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